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Das Rätsel des Drachen

von Anonym

Es war einmal in einem fernen Land, ein Tal das von einer gütigen und weisen Königin regiert wurde. Es war ein kleines aber friedliches Reich. Nie geschah Unrecht, den Menschen ging es gut, alles schien perfekt.
Doch eines Tages wehte der Wind plötzlich eine eisige Kälte durch das Tal und der Himmel verdunkelte sich.
Die Königin stand zufällig gerade an ihrem Fenster und sah, von ihrem Schloss auf dem Berg, in das Tal hinunter. Besorgt über den plötzlichen Wetterumschwung rief sie ihren Hofmarschall herbei und zog ihn zurate. Sie wurde nervös als er ihr antwortete, dass er nicht wisse was dies zu bedeuten hatte. Mittlerweile hatte sich das gesamte Tal draußen versammelt um das Geschehen mitzuverfolgen.
Ein Schatten tauchte am Himmel auf und wurde schnell größer. Bald flog er knapp über das Tal auf das Schloss zu. Einige Menschen kreischten erschrocken auf, als sie in dem Schatten einen schwarzen Drachen erkannten. Die Königin erkannte, dass der Drache es auf das Schloss abgesehen hatte und lief in den großen Saal, wo ihre Töchter waren. "Schnell! Lauft in den Kerker! Ein Drache greift unser Schloss an!"
Aufgewühlt durch diese Nachricht, rannten sowohl Prinzessinnen als auch Diener in den Kerker. Da stellte die Königin fest, dass eine ihrer Töchter fehlte. "Wo ist Shaina? Hat jemand Shaina gesehen?"
Shaina, die jüngste der Prinzessinnen, stand auf ihrem Balkon und schaute zum Himmel auf. Sie hatte von dem Tumult im Schloss nichts mitbekommen und war dann umso mehr erschrocken als sie den Drachen erblickte. Langsam kam der schwarze Riese mit den feuerroten Augen und den ledrigen Schwingen auf sie zugeflogen...

Die Königin rannte. Sie rannte wie sie noch nie in ihrem Leben gerannt war. Außer Atem schlitterte sie um die Ecke und hastete den Gang zum Zimmer ihrer jüngsten Tochter runter. Heftig keuchend stürmte sie in das Zimmer und konnte gerade noch sehen wie der Drache Shaina packte und mit ihr weg flog.
Sie lief zum Geländer des Balkons und schrie: "Shaina! Du Mistvieh, gib mir meine Shaina zurück!" Sie kreischte und brüllte immer noch, als der Drache schon längst weg war.

Ihre Beine gaben nach und sie sackte zusammen.
Mit Tränen im Gesicht und zusammengekauert nach ihrer Tochter wimmernd fanden ihre Diener sie und brachten die Königin in ihre Gemächer.

Einige Tage nach der Entführung der jüngsten Prinzessin, rief die Königin zu einer Rettungsaktion auf. Mutige Ritter sollten sich melden um die Prinzessin zu retten. Also Belohnung dürfe dieser sie heiraten und bekäme viel Gold. Doch es meldete sich niemand. Die Menschen hatten zu viel Angst vor dem Drachen.
Verzweifelt sah sich die verwitwete Königin gezwungen, die Sache selbst in die Hand zu nehmen. Und niemand versuchte sie aufzuhalten. Genau wie das Volk waren die Diener verunsichert und wussten nicht was sie tun sollten. Nie hatte es in ihrem Tal einen Drachen gegeben. So ließen sie ihre Königin alleine den Drachen aufsuchen.

Schwer lag die Rüstung der Königin auf den Schultern. Sie war hungrig, durstig und müde. Seit einem Tag und einer Nacht war sie jetzt schon im Wald unterwegs. Ihre Kräfte ließen nach, doch sie zwang sich weiter zureiten, fest entschlossen ihre Tochter zu finden. Auf dem Weg war sie immer wieder auf verängstigte Leute gestoßen die ihr von einem Drachen berichteten, der in der Nähe in einer Höhle hausen solle. Tapfer folgte sie den Wegbeschreibungen.
Am ende des zweiten Tages gelangte sie zu einer Waldlichtung, die direkt vor einer Höhle lag. In dem Wissen, den Drachen endlich gefunden zu haben stieg sie von ihrem Pferd ab und schritt mit klirrender Rüstung auf die Höhle zu.
Vor dem Eingang stellte sie sich auf, nahm all ihren Mut zusammen und rief: "Drache! Ich bin gekommen um das zu holen was mir gehört! Zeig dich, du verfluchtes Vieh!" Ihre Stimme hallte von den Höhlenwänden wider und klang als hätte sie eine gesamte Armee bei sich. Dies gab ihr etwas Mut. So wartete die Königin nervös darauf, dass etwas geschah, doch die Zeit verstrich.
Unsicher holte sie Luft um ein weiters mal nach dem Drachen zu rufen, doch dann hörte sie im Inneren der Höhle ein schleppendes, schlurfendes Geräusch. Erschrocken macht sie mehrere Schritte zurück. Langsam kam der riesige, schwarze Drache aus seiner Höhle gekrochen und schaute sich nach dem Rufer um. Sie hatte Angst. Sehr große Angst. Doch sie versuchte diese durch lautes Gerede zu überspielen. "Gib mir meine Shaina zurück!", schrie sie während sie ihr Schwert zückte. Spöttisch musterte der Drache mit seinen glühend roten Augen.
"Du willst also deine Tochter zurückhaben?", fragte er mit einer angenehm tiefen Stimme. Verblüfft stolperte die Königin noch einen Schritt zurück und fiel ins Gras. Der Drache konnte sprechen!
Langsam senkte der Drache den Kopf um die Königin genauer zu betrachten. "Erstaunlich, nicht wahr? Ein Drache der spricht. Mach dir nichts draus. Bisher sind alle so verblüfft gewesen." Er hielt kurz inne und schnaubte ihr Rauch ins Gesicht. "Nun gut. Ich will dir deine Tochter zurückgeben", sagte der schwarze Riese als er sich aufrichtete. Immer noch eingenebelt in Rauch, sprang die Königin verwirrt auf. Was? Hatte sie es geschafft? Konnte sie jetzt mit ihrer Tochter nach Hause gehen?
Misstrauisch runzelte sie die Stirn. "Ich glaube dir nicht! Da steckt doch bestimmt eine List dahinter!" Hämisch begann der Drache zu grinsen, was sein Gesicht zu einer Grimasse verzerrte. "Du bist klüger als ich dachte. Ja so ist es. Es gibt einen Haken. Bevor du deine Tochter mitnehmen kannst musst du ein Rätsel lösen. Da ich so großzügig bin schenke ich dir drei Versuche. Du hast also nur drei Versuche also überlege weise!" Der Drache legte sich auf seine Vorderfüße, sodass er nun zu hälfte von den letzten Sonnenstrahlen beschienen wurde. Seine schwarzen Schuppen glänzten in der Abendsonne, was ihm einen erhabenen Anblick verlieh. "Also. Hier ist mein Rätsel...", meinte er mit seiner tiefen, rollenden Stimme.

"Ich bin nicht, ich war nicht, ich werde nicht sein, du glaubst ich scherze ich sage dir: Nein!"
Geduldig blies der Drache ein paar Rauchwolken in die Luft. "Also? Weißt du die Antwort? Vergiss nicht, du hast nur drei Versuche!" Die Königin setzte sich ins Gras und überlegte. Argwöhnisch beobachtete sie den Drachen, der sie daraufhin nur angrinste. "Mhm...Du bist kein Mensch. Genau! Meine Antwort lautet: Du bist kein Mensch." Der Drache blies ein weiters Wölkchen in die Luft und schüttelte dann betrübt den Kopf. "Tut mir außerordentlich leid dich enttäuschen zu müssen. Es stimmt, ich bin zwar kein Mensch aber dies ist dennoch nicht die Antwort. Versuch es noch einmal." ärgerlich stand die Königin auf und begann nervös auf und ab zu laufen.
Wie naiv sie doch war! Sie hatte es hier mit einem Drachen zu tun und der würde es ihr nicht einfach machen. Also begann sie genauer über die Frage nachzudenken...

Amüsiert sah er der Menschenfrau zu, wie sie nervös auf und ab lief.
Er würde es leicht haben mit ihr. Er könnte seine kleine Prinzessin behalten und die Königin würde er gleich auch noch nehmen. Genüsslich bleckte er die Zähne.

Müde lief die Königin hin und her. Das war alles zuviel für sie. Seit zwei Tagen hatte sie jetzt schon nicht geschlafen, sie war hungrig und durstig und da sollte sie sich noch konzentrieren?! Sie seufzte, als ihr plötzlich ein Bild ihrer Tochter Shaina in den Sinn kam, wie sie im Park des Schlosses Blumen pflückte. Ermutigt von diesem Gedanken strengte sie sich noch mehr an. Als sie sich sicher die Antwort diesmal zu haben, wandte sie sich dem großen Drachen zu. "Gut. Meine nächste Antwort lautet: Tot. Du bist nicht tot", sagte sie in der Hoffnung es sei die Lösung. Laut lachte der Drache auf, so laut dass es wie ein Brüllen klang.
"Tut mir Leid, Menschlein, auch das ist nicht die richtige Lösung." Erschöpft sank die Königin zu Boden. Was sollte sie tun? Sie fühlte sich verloren und einsam. Von ihr hing das Schicksal ihrer Tochter ab! Diese Last drückte sie noch viel mehr zu Boden als ihre Rüstung. Sie vergrub ihr Gesicht in den Händen und begann bitterlich zu weinen. Sie war verzweifelt und all ihre Hoffnung schwand im Angesicht der Ratlosigkeit.
Mit allerletzter Kraft richtete sie sich auf und wischte sich dein Tränen aus den Augen. "Nun gut...", meinte sie schluchzend, "meine letzte Antwort ist: Fröhlich. Du bist nicht fröhlich." Da brüllte der Drache laut auf, aus Freude über seinen Triumph. "Du irrst dich! Jetzt bin ich fröhlich! Du hast versagt! Du und deine Tochter, ihr seid mein!"

Einige Tage nachdem die Königin verschwunden war kam der Drache in das Tal zurück und verwüstete es. Er brannte die Häuser nieder, tötete die Menschen und vernichtete ihre Felder.

Ein Mann der aus dem Tal fliehen konnte, berichtete später im Nachbar-Dorf er meinte auf dem Drachen eine kleine Person gesehen zu haben, die irre gelacht haben soll. Später berichten Wanderer sie hätten im Wald eine vermummte Gestalt gesehen, die wie ein Geist in der Nähe einer Höhle herum schleicht...

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